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Die ErweiterungOverlay E-Book Reader

Die Erweiterung /
Roman | Vom Autor des Bestsellers »Die Hauptstadt« | Ausgezeichnet mit dem Europäischen Buchpreis

Autor: Robert Menasse

Deutsch
2022 - Suhrkamp Verlag

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Inhalt

Kurztext / Annotation

Mateusz und Adam, die gemeinsam im polnischen Untergrund gegen das kommunistische Regime gekämpft und sich dort »Blutsbrüderschaft« geschworen haben, gehen nach dessen Zusammenbruch getrennte Wege. Mateusz macht innenpolitisch Karriere und wird schließlich polnischer Ministerpräsident. Adam geht nach dem EU-Beitritt Polens nach Brüssel, wo er in der Europäischen Kommission in der Generaldirektion für Erweiterung arbeitet. Im Streit um den Beitritt Albaniens in die Europäische Union wird aus der einstmals tiefen Verbundenheit der beiden Männer eine unversöhnliche Feindschaft von schicksalhafter Dimension. Auf dem schwankenden Boden eines albanischen Kreuzfahrtschiffs kommt es zum Showdown.



Robert Menasse wurde 1954 in Wien geboren und ist auch dort aufgewachsen. Er studierte Germanistik, Philosophie sowie Politikwissenschaft in Wien, Salzburg und Messina und promovierte im Jahr 1980 mit einer Arbeit über den »Typus des Außenseiters im Literaturbetrieb«. Menasse lehrte anschließend sechs Jahre – zunächst als Lektor für österreichische Literatur, dann als Gastdozent am Institut für Literaturtheorie – an der Universität São Paulo. Dort hielt er vor allem Lehrveranstaltungen über philosophische und ästhetische Theorien ab, u.a. über: Hegel, Lukács, Benjamin und Adorno. Seit seiner Rückkehr aus Brasilien 1988 lebt Robert Menasse als Literat und kulturkritischer Essayist hauptsächlich in Wien.

Textauszug

 
 
 
 
Zwerge haben die Welt erobert. Tomislav »Tommy« Vysoky war verblüfft, als ihm das klar wurde. Er war ein zwei Meter fünf großer junger Mann, der Transkulturelle Kommunikation an der Universität Wien studierte, wo er auch bei den Uni Wien Emperors Basketball spielte. Um sein Studium zu finanzieren, nahm er immer wieder Halbtagsjobs an, seit einer Woche arbeitete er als Saalaufsicht im Weltmuseum, einer Dependance des Kunsthistorischen Museums in der Wiener Hofburg. Dienstag und Mittwoch am Vormittag, Freitag am Nachmittag, das konnte er gut mit Studium und Training verbinden. Diensteingeteilt war er in der Rüstkammer, der bedeutendsten historischen Waffensammlung Europas, deren Objekte alle im Zusammenhang mit hochpolitischen Ereignissen entstanden waren, wie Reichstagen, Krönungen, Feldzügen, und die vom Aufstieg und Fall von Dynastien und Wendepunkten der europäischen Geschichte »erzählten«, wie es im Katalog hieß. Tommy Vysoky fand, dass das eine unsinnige Formulierung war, die Objekte erzählten gar nichts, die Reihen von Rüstungen standen stumm da, man müsste jemanden danebenstellen, der erzählen konnte. Aber das war nicht seine Aufgabe. Er sollte nur aufpassen, dass niemand den Rüstungen zu nahe trat. Kernstück seines Aufsichtsbereiches war die »Heldenrüstkammer«, eine Sammlung von Schwertern, Hellebarden, Helmen, Harnischen, Rüstungen und Kriegstrophäen, vor allem Fahnen und Standarten, der berühmtesten Feldherrn des 15. und 16. Jahrhunderts, Eroberern und Verteidigern der abendländischen Welt. Aber für Tommy Vysoky strahlten diese glänzenden und schimmernden Objekte nicht die Aura von mächtigen, starken Männern aus, von Siegern in unzähligen Schlachten, von Herrschern über die damals bekannte Welt, ihn wunderte vielmehr, wie klein diese Männer gewesen waren. Sah man ihre Rüstungen, konnten sie kaum größer als einen Meter sechzig gewesen sein. Im Grunde Zwerge.

Würde man ihn einen Kopf kürzer machen, dachte Tommy, rein bildlich natürlich, er wäre immer noch größer als zum Beispiel dieser Kriegsherr namens Skanderbeg, vor dessen Helm, der wie für einen Kinderkopf gemacht schien, jetzt gerade mit großer Ehrfurcht ein deutscher Tourist stand.

Severin Osterkamp aus Darmstadt, Musiklehrer am dortigen Ludwig-Georgs-Gymnasium, war verblüfft. Er war nur deshalb in die Rüstkammer gegangen, weil es seinem Selbstverständnis und seinem Anspruch entsprach, beim Besuch eines bedeutenden Museums durch jeden Raum zu wandern, durch jeden! Schließlich hatte er Eintritt für das ganze Haus bezahlt. Und man konnte nie wissen, ob nicht irgendwo eine Überraschung wartete, auf die sein Reiseführer nicht hinwies. Und da war sie. Die Überraschung. Der Helm des Skanderbeg. In einer Vitrine, die ihn sofort bei Betreten des Raums angezogen hatte, weil sie, von innen beleuchtet, diesen Helm glitzern und strahlen ließ. Die anderen hier ausgestellten Helme lagen im Schatten, hinter Kordeln. An denen ging Professor Osterkamp einfach vorbei.

Er las die Legende und staunte. Als Musikprofessor kannte er natürlich die Vivaldi-Oper »Skanderbeg«. Erst vor wenigen Wochen hatte es eine konzertante Aufführung am Staatstheater Darmstadt gegeben. Aber Skanderbeg war für Professor Osterkamp einfach eine Figur der Opernliteratur, er hätte nie gedacht, eines Tages vor einem Helm zu stehen, den diese Figur wirklich in Schlachten getragen hatte.

Er zückte sein Smartphone, schaute fragend zur Saalaufsicht, die aufmunternd nickte, und fotografierte diesen eigentümlichen Helm mit dem Ziegenkopf auf dem Helmscheitel.

Dann hastete er weiter, es gab noch so viele Säle und Räume in diesem Museum.

So historisch bedeutend die Rüstkammer des Kunsthistorischen Museums auch war, ein Touristenmagnet war sie nicht. Tommy Vysoky konnte oft zwanzig oder dreißig Minuten ungestört mit seiner Freundin oder den Emperors whatsappen, bis der

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Buchdetails

Titel: Die Erweiterung
Untertitel:Roman | Vom Autor des Bestsellers »Die Hauptstadt« | Ausgezeichnet mit dem Europäischen Buchpreis
Autor:Robert Menasse
Verlag: Suhrkamp Verlag
Erscheinungsjahr:2022
Sprache:Deutsch
450 Seiten
ISBN-13: 978-3-518-77398-7

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